Resilienz bedeutet Widerstandskraft. Es ist die psychische Widerstandskraft auch schwierige Lebenssituationen bewältigen bzw. verarbeiten zu können, ohne dabei langanhaltende Störungen davonzutragen. In der Wissenschaft sind es genetische Faktoren und erlerntes Verhalten, die die Entstehung von Resilienz beeinflussen.
Resiliente Menschen verfügen also über Schutzfaktoren die unter anderem aus stabilen Beziehungen familiärer und/oder nicht familiärer Art rühren. Es bilden sich also Eigenschaften und Verhaltensweisen, die die Wahrscheinlichkeit der Entstehung psychischer Störungen herabsetzen.
Ein gut funktionierender soziale Beziehungskontext ist sicher einer der wichtigsten Faktoren, der Resilienz fördert.
Dennoch gibt es eine ganze Reihe weiterer Faktoren, die auch nicht unerheblich sind.
Hier zeigen wir aber nur jene Faktoren auf, auf die wir bei der Arbeit mit Krippenkindern Einfluss nehmen können. Alles andere würde den Rahmen sprengen.
Schon während der Eingewöhnung unserer Krippenkinder begleitet ein Eingewöhnungskoordinator das Kind intensiv bei dieser. Er/Sie bietet sich im Krippenkontext als emotionale Bezugsperson dem Kind an. Ist eine emotionale Basis vorhanden, so stehen auch andere Fachkräfte dem Kind als Bezugsperson zur Verfügung. Wir gewöhnen in der Regel als „Tandem“ ein, d.h. es befinden sich immer dieselben zwei Fachkräfte während der ersten Tage mit im Raum. Das Kind bekommt zwar primär Bindungsangebote von der Bezugsperson, die andere Fachkraft wird allerdings vom Kind ebenfalls als feste Konstante abgespeichert und dient als nächste Anlaufstelle.
Die Bezugsperson steht eng mit dem Elternteil im Austausch, der sich die ersten Tage noch mit im Raum aufhält. Das Kind erlebt somit, dass die Fachkraft nicht eine vollkommen fremde Person ist. Das Vertrauen des Elternteils in die Fachkraft überträgt sich somit auf das Kind. Der Elternteil erlebt weite Teile des Vormittags gemeinsam mit dem Kind bei uns, lernt in dieser Zeit alle Mitarbeiter:innen kennen und kann so Vertrauen fassen. Wir schaffen Transparenz und zeigen unsere pädagogische Haltung, sodass eine Klarheit geschaffen wird, wie das Kind hier begleitet wird.
Während der gesamten Krippenzeit bieten die Fachkräfte dem Kind eine stabile Beziehung. Das bedeutet, dass sie das Kind bei Unsicherheiten unterstützen, ihm unbekannte Dinge erklären, ihm Trost anbieten, verlässliche Strukturen und Regeln schaffen. All dies trägt dazu bei, dass das Kind sich in einem verlässlichen und stabilen Rahmen ausprobieren und entwickeln kann. Geprägt ist das Verhalten der Fachkraft dem Kind gegenüber durch Wertschätzung und liebevoller Begleitung.
Die Fachkräfte schaffen Möglichkeiten, die der Leistung der Kinder entsprechen und bieten ihnen Herausforderungen, an denen sie mit positivem Zuspruch durch die Fachkräfte wachsen können.
Dadurch entwickeln Kinder die Selbstsicherheit und Neugierde Unbekanntem zu begegnen und Erfolgserlebnisse zu erzielen.
Vor allem in der Bewegungserziehung spiegelt sich dieses wider. Wir trauen den Kinder zu, eigene Grenzen wahrzunehmen und darauf zu reagieren. Wenn ein Kind neu bei uns ist, beobachten wir es zunächst intensiv, um seine Fähigkeiten einschätzen zu können. Die ersten Male z.B. begleiten wir Treppen Auf- und abstiege sehr eng, um sicherzugehen, dass das eine von dem Kind bewältigbare Aufgabe ist. Auch bei unseren Bewegungsmöbeln geben wir den Kindern Freiraum, in die Selbsttätigkeit zu gehen. Wir als Fachkräfte sorgen dafür, dass die Möbel sicher und stabil stehen, dass sich nur maximal zwei Kinder gleichzeitig darauf erproben und dass die Kinder Zeit und Raum haben, um in der Konzentration zu bleiben. Fragt das Kind nach Hilfe, geben wir zunächst Anregungen zur Selbsthilfe und unterstützen erst als letzte Möglichkeit körperlich. Oft reicht positive Bestärkung oder Tipps, was der nächste sinnvolle Schritt wäre. So erlebt das Kind sich in seiner Selbstwirksamkeit und wächst innerlich über sich hinaus.
Im Krippenalltag werden dem Kind von Anbeginn an Verantwortlichkeiten übertragen, die die Selbstwirksamkeit der Kinder stärken sollen. So motivieren wir die Kinder, sich vor und nach Ausflügen oder dem Wickeln und Schlafen eigenständig an- und auszuziehen und Kleidung in eigene dafür vorgesehene Garderoben- und Schubladenfächer zu bringen. Ebenso werden sie ermutigt, sich selbst vor den Essenssituationen einen Platz zu suchen, sich bei Hunger Essen nachzunehmen, nach dem Essen den Platz selbst abzuräumen u. v. m. Die Kinder lernen somit gut für sich selbst zu sorgen, nicht abhängig zu sein und Situationen aus eigenem Antrieb zu bewältigen. Das schafft Selbstsicherheit und Selbstvertrauen.
In Bezug auf soziale Verantwortung anderen gegenüber bzw. der Förderung von Empathie stehen uns Fachkräften viele Situationen des sozialen Miteinanders im Krippenalltag zur Verfügung. Sei es das Teilen von Spielzeugen in Spielsituationen oder bei Konflikten das Aufzeigen der Gefühle des anderen Kindes, z.B. indem wir seine Mimik beschreiben und diese mit dem Kind gemeinsam hinterfragen. Wir motivieren die Kinder dazu, sich gegenseitig zu helfen, zum Beispiel beim an- und ausziehen. Auch begleiten beispielsweise ältere Kinder die Jüngeren zum Wickelraum – sie zeigen ihnen den Weg.
So lernen die Kinder nicht nur Verantwortung sich selbst gegenüber, sondern sie erleben auch, dass durch ihr eigenes Handeln das Wohlbefinden anderer Kinder beeinflusst wird. Sie erleben, dass sie wichtig sind und dass sie gebraucht werden.
Eine zentrale kognitive Kompetenz, die es in der Krippe zu fördern gilt, ist die Sprache.
In allen uns möglichen Situationen sprechen wir mit den Kindern. Wir begleiten ihr eigenes Tun mit unserer Sprache, geben den Kindern Worte für Gefühle. Wir ermuntern die Kinder wo es nur möglich ist zu sprechen, ihre Bedürfnisse mitzuteilen. Dabei wird jedes Kind von uns gesehen und persönlich mit Namen angesprochen. Wir zeigen den Kindern ein situativ angemessenes Sprachverhalten, dabei sind uns z.B. freundliche und höfliche Umgangsformen besonders wichtig. Auch mit der Begleitung von Alltagssituationen durch Lieder mit entsprechenden Choreografien vermitteln wir Sprache.
Wichtig ist dabei hervorzuheben, dass wir Fachkräfte den Kindern hier als Vorbild dienen. Sie lernen durch Nachahmung, weshalb wir selbst auf eine angemessene Sprache achten und darauf besonderen Wert legen. Die Fähigkeit sich auszudrücken und mitzuteilen ist ein wesentlicher Baustein von Resilienz.
Wir Fachkräfte können also insgesamt viel dafür tun, dass die uns anvertrauten Kinder an Widerstandskraft gewinnen. Menschen, die resilient sind, sind somit in der Lage, ihr Umfeld aktiv und selbstbestimmt zu gestalten. Auch negative Erfahrungen lassen sie nicht verzweifeln. Ein wichtiger Faktor, der zur Zufriedenheit im Leben beitragen kann.