Gender Mainstreaming

Ein wichtiger Aspekt unserer pädagogischen Arbeit stellt die Einbeziehung des „sozialen Geschlechts“ (Gender), unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebenssituationen von Mädchen und Jungen sowie Männern und Frauen in der Gesellschaft, dar.

Gender Mainstreaming ist seit 1996 durch die EU- Verträge (Artikel 2 und 3) und durch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Artikel 23 Nr. 1) zur Durchsetzung von Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern in allen EU-Mitgliedstaaten verbindlich. Demnach gehört Gender Mainstreaming auch zu den Grundsätzen der Kinder- und Jugendhilfe (vgl. AG für Kinder- und Jugendhilfe, 2012).

Wir kommen diesem gesellschaftlichen und gesetzlich festgeschriebenen Auftrag nach, indem wir die Gleichstellung der Geschlechter in unserer Arbeit fördern (Gender mainstreaming), geschlechtsbezogenen Benachteiligungen gegensteuern und Kindern positive Rollenbilder vermitteln.

Wir verstehen es als unsere Aufgabe, Kinder bei der Entwicklung ihrer Geschlechteridentität zu unterstützen, indem wir ihre individuellen Interessen und Fähigkeiten fördern, ohne sie dabei durch stereotype Sichtweisen und Zuschreibungen (Geschlechterklischees) in ihren Erfahrungsmöglichkeiten einzuschränken. Dafür werden Kinder von uns so akzeptiert wie sie sind und Unterschiede sowie Gemeinsamkeiten von Mädchen und Jungen werden anerkannt und in der alltäglichen Arbeit berücksichtigt. In unserer täglichen Arbeit erhalten Mädchen und Jungen gleichermaßen Zugang zu all unseren Bildungsbereichen. Beispielsweise werden unsere kreativen Angebote nicht geschlechtsspezifisch (bzw. vorwiegend für Mädchen angeboten), sondern von geschlechtergemischten Gruppen genutzt, in denen jedes Kind seinen individuellen Gestaltungsfreiraum erhält. Bei der Umsetzung dieser Angebote (Material und Thema) werden Mädchen und Jungen gleichermaßen angesprochen.

In Freispielphasen ermöglichen wir Mädchen und Jungen verschiedene Erfahrungen mit unterschiedlichem Belebungsmaterial bzw. Rollenspielmaterial (Puppen mit weiblichen und männlichen Geschlechtsmerkmalen und unterschiedlicher Hautfarbe) und Verkleidungssachen für Geschlechterrollen zu machen. Zudem achten wir darauf, dass Mädchen und Jungen die gleiche Chance erhalten, das gesamte Spielsortiment von der Puppenecke über Autos bis zur Bauecke zu nutzen, ohne, dass es dabei zu gegenseitigen Verdrängungen kommt. Bei dem Angebot von Bilder- und Kinderbüchern legen wir, wie bei der Bereitstellung der unterschiedlichen Spielmaterialien, Wert darauf, die Vielfalt von geschlechtlichen Lebensweisen und Kulturen aufzuzeigen. So werden in Büchern beispielsweise unterschiedliche Berufe und Familienformen (Regenbogenfamilien oder Polizistinnen.), sowie unterschiedliche sexuelle Orientierungen (Homosexualität) für die Kinder erfahrbar gemacht.

Um die Geschlechteridentität zu fördern, erhalten Kinder, insbesondere bei Bildungsangeboten, die zur Selbst- und Körperwahrnehmung beitragen (z.B. Planschen, Rasierschaum, Cremen), sowie bei Wickelsituationen und Toilettengängen, die Möglichkeit bei sich und anderen körperliche Unterschiede zu entdecken und sich darüber auszutauschen. Wir greifen diese Kinderfragen auf. In Momenten, in denen die unterschiedlichen Geschlechter zur Sprache kommen (auch nonverbal, durch Gestik), werden sie von uns offen und mit korrekten Bezeichnungen wie Penis und Vulva/Scheide benannt. Von uneindeutigen Bezeichnungen wie zum Beispiel „da unten“ wird von unserer Seite abgesehen.

Darüber hinaus vermeiden wir Einordnungen und Verallgemeinerungen wie „die Mädchen“ oder „die Jungs“, sondern verwenden sachlich korrekte Beschreibungen, um Verhaltensweisen und Merkmale von Kindern im pädagogischen Austausch aufzuzeigen. Dieses Vorgehen schließt auch mit ein, dass wir auf Zuordnungen von Kleidung als „typisch männlich“ oder „typisch weiblich“ gegenüber Kindern verzichten.
Als Voraussetzung für eine gelingende, genderbewusste Pädagogik sehen wir die Auseinandersetzung und Reflexion mit unserer eigenen geschlechtstypischen Sozialisation und Einstellungen, die wir zu Jungen und Mädchen haben, als unerlässlich an. Zudem eignen wir pädagogischen Mitarbeiter uns regelmäßig (über Fortbildungen und Fachliteratur) aktuelles Wissen über die geschlechtsbezogene Entwicklung und Sozialisation von Kindern an (Genderwissen) und lassen dieses in unseren pädagogischen Alltag einfließen.

Wir verfügen über Genderkompetenz und bringen diese in unserem Miteinander im Team und gegenüber Eltern zum Ausdruck, indem wir in Interaktionen Verhaltensweisen vermeiden, die traditionelle Geschlechterverhältnisse verstärken. Darüber hinaus verfolgt unser Träger Strategien zu Erhöhung des Anteils von männlichen Mitarbeitern. Dadurch können Kinder weibliche und männliche Vorbilder erfahren und von den unterschiedlichen Verhaltensweisen der Geschlechter profitieren. Zudem kann eine steigende Zahl von männlichen Mitarbeitern in Krippen dazu betragen, dass das vorherrschende Bild in der Gesellschaft, welches insbesondere die Kleinkinderbetreuung als Frauenberuf deklariert, aufgelöst wird.
Ein weiterer wichtiger Aspekt für die Berücksichtigung der Genderperspektive liegt für uns in der Zusammenarbeit mit den Eltern. Dies beinhaltet zunächst, dass unsere Öffnungszeiten bei den Eltern oder Alleinerziehenden eine Vereinbarkeit von Elternschaft und Beruf ermöglicht.

Indem wir Mütter und Väter gleichermaßen bei Erziehungsfragen ansprechen, können wir einen Einfluss darauf ausüben, dass Mütter und Väter gleichberechtigt der Betreuung und Begleitung ihrer Kinder nachkommen. Demnach vermeiden wir es, sollte es nicht ausdrücklich anders von den Eltern erwünscht sein, uns mit Themen der Fürsorge vornehmlich an die Mutter der Kinder zu wenden (z.B. wenn es wegen Krankheit abgeholt werden soll). Auch bevorzugen wir es, Entwicklungsgespräche und Elternabende mit beiden Elternteilen durchzuführen (sofern es die häusliche Betreuungssituation in den Abendstunden zulässt).

Auf der Grundlage unseres entwicklungspsychologischen Wissens können wir Eltern beruhigen, die sich Sorgen machen oder irritiert sind, wenn ihr Sohn ebenso gerne Kleider trägt wie seine Schwester oder später selbst einmal eine Mama werden möchte. Zudem geben wir positive Rückmeldungen über vielfältiges und nicht stereotypes Verhalten von Jungen und Mädchen, um damit geschlechtstypischen Klischees entgegenwirken. Des Weiteren weisen wir Eltern daraufhin, wenn sie ihre Kinder geschlechtstypisch behandeln und dies die Entwicklung des Kindes einschränkt. Dies kann sich beispielsweise in einem bestimmten Kleidungsstil bei Mädchen widerspiegeln, welcher in seiner Funktion die Bewegungsfreiheit des Kindes eingeschränkt, sodass Toben, Klettern, Laufen oder im Sand spielen etc. behindert wird.

Grundsätzliches zur Geschlechteridentität und „Doing Gender“

Mit der Geburt als Mädchen oder Junge (neben sehr selten auftretenden Formen von Intersexualität, werden die meisten Menschen als Junge oder Mädchen geboren) treten Kinder in eine Welt der Zweigeschlechtlichkeit ein (vgl. Rohmann S.13), in welcher sie agieren und sich zurechtfinden müssen und mit vorherrschenden Stereotypen schon sehr früh konfrontiert werden. So treten beispielsweise geschlechtsbezogene Erwartungen, die Eltern oder andere Bezugspersonen an Kinder haben, nicht zuletzt dadurch in Erscheinung, wie sie die Kinder anziehen (rosa für Mädchen, blau für Jungs) und ihre Haare (nicht) schneiden.

Ab dem Alter von zwei bis sechs Jahren, erwerben Kinder eine Geschlechtsidentität und ein grundlegendes Verständnis von Geschlechterunterschieden, Sexualität, Geschlechterstereotypen und Geschlechterkonstanz (das Wissen darüber, dass das körperliche Geschlecht nicht nach Belieben austauschbar ist, festigt sich dabei vornehmlich im 4.-5. Lebensjahr).

Kinder entdecken in den ersten Lebensjahren zunächst die biologischen bzw. körperlichen Unterschiede. Dies umfasst die Erforschung der eigenen Körper, sowie auch unterschiedliche Erfahrungen mit Körpern von weiblichen und männlichen Bezugspersonen (vgl. Rohrmann S. 4). Spätestens gegen Ende des zweiten Lebensjahres werden Kinder sich ihres Körpers bewusst, eignen sich Wissen über ihr eigenes Geschlecht an und können Erwachsene nach ihrem Geschlecht richtig zuordnen. Sie erleben, dass sie sich von anderen unterscheiden und erfahren aus ihrer Umwelt, dass auf unterschiedliche Weise zwischen „weiblich und „männlich“ unterschieden wird (vgl. ebd. S.3). Für die Entstehung des „sozialen Geschlechts“ interpretieren Kinder, wie Erwachsene oder ältere Kinder auf sie und ihre Handlungen reagieren, welche Normen sie setzen und orientieren sich dann an diesen Geschlechterrollen ihres Umfeldes.

Das soziale Geschlecht ist demnach nicht einfach gegeben und nicht an biologische Merkmale gebunden, sondern wird durch soziale Interaktionen und durch kulturelle Grundlagen konstruiert. Das heißt, ein Geschlecht hat man nicht einfach, sondern man muss es „tun“ bzw etwas getan werden um es zu haben. In der Fachliteratur wird dieser Prozess mit dem Begriff „Doing Gender“ umschrieben.
Alle Menschen unterliegen dem ständigen „Doing Gender“ Prozess, in dem es auch meist unbewusst dazu kommen kann, dass Geschlechtsstereotype weitergegeben werden. Die Wahrnehmung von dem, was „typisch weiblich“ oder “typisch männlich” ist, ist in unserem Denken demnach verankert, aber dennoch veränderbar.

Die Inszenierungen von Weiblichkeit und Männlichkeit sowie auch die Einteilung von Männlichkeit und Weiblichkeit, gehören zur Geschlechtsidentitätsentwicklung dazu und sind entwicklungspsychologisch als Fähigkeiten zu betrachten. Diese müssen allerdings im Kontext der pädagogischen Arbeit mit Kindern, bewusst begleitet und stets kritisch hinterfragt werden (vgl. Focks, 2016 S.43).

Ein geschlechtstypisches Verhalten, im engeren Sinne, tritt bei Kindern unter drei Jahren bislang deutlich weniger in Erscheinung als im Elementaralter oder Vorschulalter (vgl. Rohmann, S.2, S.13) Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Thema Gender in der Betreuung von Krippenkindern keine Rolle spielt. Ganz im Gegenteil erhalten Krippen als erste Bildungsstätte und Ort der sekundären Sozialisation für Kleinkinder, in denen Mädchen und Jungen in ihrer geschlechtlichen Entwicklung begleitet werden, eine besondere Stellung für die Gleichstellung der Geschlechter (vgl. Focks 2016, S.93). Dabei ist es deswegen auch von großer Bedeutung, welche Orientierungen Kindern im Rahmen der Betreuung in ihrer Sozialisation mitgegeben werden und welche geschlechtstypischen Muster oder Geschlechterstereotypen sie erfahren und verinnerlichen.

Demnach haben wir pädagogischen Fachkräfte in unserer Gestaltung der pädagogischen Arbeit und der pädagogischen Umgebung (Raumgestaltung) erheblichen Einfluss darauf, wie Kinder sich darin bilden, ein Mädchen oder ein Junge zu sein.

Folgendes kleines Beispiel von „Doing Gender“ soll aufzeigen, wie wir durch unser Verhalten die geschlechtstypischen Verhaltensweisen bei Kindern beeinflussen und ein negatives Rollenbild begünstigen können.

Arvid kommt mit einem scheinbar kaputten Spielauto zu Marieke und bittet sie, dies zu reparieren. Marieke schickt Arvid daraufhin zu Malte und sagt: „Malte kann das sicher besser. Er ist ein Mann.”


Avid

Solche Verhaltensweisen manifestieren bei Kindern die Vorstellung, dass bestimmte Bereiche männlich und andere weiblich sind. Kommt es zu einer Anhäufung solcher Verhaltensweisen durch Erzieherinnen, lernen Kinder, dass Autos und Technik Jungen-/Männersache sind. Derartige Botschaften zu Geschlechteridentitäten behindern dann frühe Bildungsprozesse hinsichtlich einer

Literatur

  • Literaturnachweis

    Gleichstellung zwischen Jungen und Mädchen bzw. Mann und Frau (vgl. Focks 2016, S.47).

    Arbeitsgemeinschaft für Kinder und Jugendhilfe – AGJ (2012) Geschlechtersensibilität als Merkmal und Gegenstand von Erziehung, Bildung und Betreuung in Kindertageseinrichtungen.
    Focks, Petra (2016) Starke Mädchen, starke Jungen, Genderbewusste Pädagogik in der Kita: Herder
    Rohmann, Tim Gender (keine Angabe ) im Kontext der Arbeit mit Kindern in den ersten drei Lebensjahren: verfügbar unter http:www.kita-fachtexte.de KiTaFachtexte

  • Literatur:

    Arbeitsgemeinschaft für Kinder und Jugendhilfe – AGJ (2012) Geschlechtersensibilität als Merkmal und Gegenstand von Erziehung, Bildung und Betreuung in Kindertageseinrichtungen.
    Focks, Petra (2016) Starke Mädchen, starke Jungen, genderbewusste Pädagogik in der Kita: Herder
    Rohmann, Tim Gender (keine Angabe) im Kontext der Arbeit mit Kindern in den ersten drei Lebensjahren: verfügbar unter http://www.kita-fachtexte.de KiTaFachtexte

  • Literaturempfehlung

    Butz Birgit (2016) Otto geht spazieren (Kindergebärden)
    Edith Schreiber Wicke (2017) Zwei Papas für Tango
    Hoffmann, Brigitte & Dürr, Gisela (2011): Unsere Cousine ist Elektronikerin.
    Huainigg, Franz-Joseph & Ballhaus, Verena (2007): Du gehörst zu uns
    Padmanabhan, Manjula (2007): Ich bin einmalig! Kannst du mich finden?
    Martin Waddell und Barbara Firth: Alle Geschichten vom kleinen Bären
    Carle, Erik (2009) Herr Seepferdchen
    Lobe, Mira (1992): Das kleine Ich bin Ich
    Grundmann, Harriet (2013): Potzbadibautz, MANN!: Bruchlandung in Ollis Kita.
    Haan, Linda de & Stern, Nijand (2001): König und König

  • Literaturempfehlung

    Volmrt Julia (2019), Du gehörst zu uns oder Jeder ist ein bisschen anders
    Sendak, Maurice (1967): Wo die Wilden Kerle wohnen
    Cave, Kathryn (1994): Irgendwie Anders
    Funke, Cornelia (1997): Prinzessin Isabella
    Funke, Cornelia (2001): Der geheimnisvolle Ritter Namenlos
    Hächler, Bruno & Wolfermann, Iris (2010): Ich bin wie ich bin
    Ralf Butschkow: Ich hab eine Freundin, die ist Polizistin
    Hoffman, Mary & Asquith, Ros (2010): Du gehörst dazu. Das große Buch der Familien
    Kunert, Almud & Hildebrandt, Anette (2008): Mit Dir sind wir eine Familie
    Lindenbaum, Pija (2009): Paul und die Puppen
    Walton Jessica (2016): Teddy Tilly

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